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    28.10.2018

    Mehr Rechtssicherheit bei der Erteilung und Anpassung von Pensionszusagen an Gesellschafter-Geschäftsführer im „Vor-Renten-Alter“


    BFH, Urteil vom 7. März 2018, I R 89/15

     

    Hintergrund

     

    Eine Pensionszusage an einen Gesellschafter-Geschäftsführer muss besonderen Anforderungen genügen, damit keine verdeckte Gewinnausschüttung vorliegt. Die Versorgungszusage kann insbesondere dann als aus dem Gesellschaftsverhältnis veranlasst gelten, wenn der Zeitraum zwischen Zusage der Leistungen und dem Ausscheiden des Begünstigten aus dem Dienstverhältnis derart kurz ist, dass sich der Begünstigte die Leistungen nicht mehr verdienen kann (sog. Erdienbarkeit). Das Merkmal der Erdienbarkeit beruht auf der Vorstellung, dass es sich bei der betrieblichen Altersversorgung um eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers in Anerkennung längerer Betriebszugehörigkeit und in Erwartung weiterer Betriebstreue handele. Deshalb würde ein ordentlicher und gewissenhafter Geschäftsleiter die durch die Zusage eintretende zusätzlich finanzielle Belastung nur eingehen, wenn er die Gegenleistung voraussichtlich noch für einen Zeitraum von mindestens zehn Jahren erhalte („hypothetischer Fremdvergleich“).

     

    Mit der Frage, ob es auf die Erdienbarkeit auch ankommt, wenn die Altersversorgung im Wege der Entgeltumwandlung vom Arbeitnehmer finanziert wird oder ein wertgleicher Wechsel des Durchführungswegs erfolgt, beschäftigte sich der BFH in dem gegenständlichen Urteil.

     

    Entscheidungssachverhalt

     

    Im zugrundeliegenden Fall passten die Klägerin, (eine GmbH) und ihr seit Jahrzehnten als Geschäftsführer angestellter Mehrheitsgesellschafter (G-GF) dessen betriebliche Altersversorgung an. Der 58-jährige G-GF wurde seit Jahren mit ca. EUR 5.000 monatlich vergütet und ihm wurde vor 15 Jahren eine Pensionszusage erteilt, wonach ihm bei Renteneintritt 60 Prozent seines letzten Grundgehalts als Altersrente zustehen sollten.

     

    Zum einen wurde der Durchführungsweg der Altersversorgung hinsichtlich des noch nicht erdienten Teils der Pensionszusage (sog. Future Service) auf eine rückgedeckte Unterstützungskassenzusage wertgleich umgestellt. Zum anderen verbesserte die GmbH die Altersversorgung mit einer zusätzlichen Unterstützungskassenzusage. Die Finanzierung erfolgte vereinbarungsgemäß über das Gehalt des G-GF, indem Teile seines Gehalts von der GmbH an die Unterstützungskasse geleistet wurden.

     

    Das Finanzamt wollte entgegen der Auffassung der GmbH die Leistungen an die Unterstützungskasse für die Zusage aus der Entgeltumwandlung nicht zum Betriebsausgabenabzug zulassen. Da die Zusage von dem 58-jährigen G-GF nicht mehr erdient werden könne, sei die Zusage nicht betrieblich, sondern vielmehr gesellschaftlich veranlasst und daher als verdeckte Gewinnausschüttung nicht einkommensmindernd zu behandeln.

     

    Entscheidung des BFH

     

    Der BFH stellt zunächst klar, dass er weiterhin daran festhält, dass auch bei der Erhöhung bestehender Zusagen und bei mittelbaren Zusagen ein Fremdvergleich vorzunehmen sei. In dessen Rahmen sei dann die Tatsache, dass eine zehnjährige Tätigkeit nicht mehr zu erwarten ist, ein gewichtiges Indiz für eine Veranlassung durch das Gesellschaftsverhältnis. Dieses Indiz müsse im Einzelfall widerlegt werden.

     

    Die Indizwirkung entfällt hingegen nach der neuerlichen Entscheidung des BFH dann grundsätzlich, wenn die Pensionszusage aus einer Entgeltumwandlung finanziert wird. Denn bei der durch Gehaltsumwandlung finanzierten Altersversorgung disponiere der Arbeitnehmer wirtschaftlich betrachtet ausschließlich über sein eigenes Vermögen, indem er Aktivbezüge zugunsten künftiger Altersbezüge zurücklegt. Zugleich werde das zusagende Unternehmen durch die wertgleiche Pensionsanwartschaft nicht belastet. Es bestehe daher regelmäßig keine Veranlassung, die Gehaltsumwandlung am Maßstab der Erdienbarkeit zu überprüfen.

     

    Der BFH deutet ergänzend an, dass die betriebliche Veranlassung bei einer Entgeltumwandlung aber ggf. dann verneint werden müsse, wenn mit der Zusage andere Risiko- oder Kostensteigerungen für das Unternehmen verbunden sind. Als Beispiele nennt er sprunghafte Gehaltsanhebungen im Vorfeld der Entgeltumwandlung und die Vollumwandlung des Barlohns mit der Folge einer „Nur-Pension“.

     

    Hinsichtlich des Durchführungswegwechsels entscheidet der BFH, dass vorliegend keine erneute Erdienbarkeitsprüfung durchzuführen sei, da der Wechsel ohne finanzielle Mehrbelastung für das Unternehmen erfolgte.

     

    Fazit und Folgen für die Praxis

     

    Beseitigt haben dürfte der BFH die Unruhe nach seinem Urteil vom 20. Juli 2016. Nach dem neuerlichen Urteil dürften Änderungen des Durchführungswegs und wertneutrale Änderungen bestehender Zusagen möglich sein.

     

    Der Grundsatz des Fremdvergleichs ist aber immer zu beachten. Zwar hatte der BFH in dem gegenständlichen Fall keinen Anlass sich mit Umständen zu beschäftigen, die trotz Entgeltumwandlung und wertgleicher Umstellung, zu finanziellen Belastungen des zusagenden Unternehmens führen. Die Andeutungen des BFH sind jedoch als ausdrücklicher Warnhinweis zu verstehen, dass der Fremdvergleich immer anhand sämtlicher Umstände des Einzelfalls vorzunehmen ist und der Sachverhalt in allen Aspekten zu bewerten ist.

     

    So kann zwar eine Erdienbarkeit und eine betriebliche Veranlassung der Pensionszusage bei Entgeltumwandlung zu bejahen sein. Wenn aber zuvor das Grundgehalt zum Zwecke der sich anschließenden Entgeltumwandlung unangemessen erhöht wurde, liegt eben gerade darin die verdeckte Gewinnausschüttung.

     

    Bei Fragen steht Ihnen Teresa Werner gerne zur Verfügung.

     

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