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    25.10.2017

    (Kein) Anspruch des Arbeitnehmers auf Durchführung eines Zustimmungsersetz­ungsverfahrens


    Bundesarbeitsgericht (BAG) vom 21. Februar 2017 – 1 AZR 367/15

     

    Sachverhalt

     

    Der Arbeitnehmer sollte in einen anderen Betrieb versetzt werden. Der Betriebsrat des aufnehmenden Betriebs verweigerte hierzu allerdings die Zustimmung. Die Arbeitgeberin führte sodann nicht das dafür vorgesehene gerichtliche Verfahren mit dem Ziel durch, die Zustimmung zu ersetzen. Der Arbeitnehmer klagte die Arbeitgeberin zu verpflichten dieses Zustimmungsersetzungsverfahren durchzuführen, um seine Beschäftigung in dem anderen Betrieb zu ermöglichen.

     

    Entscheidung

     

    Das BAG wies die Klage zurück. Es bestätigte seine Rechtsprechung insofern, dass ein Arbeitnehmer bei Verweigerung der Zustimmung durch den Betriebsrat vom Arbeitgeber die Einleitung eines Zustimmungsersetzungsverfahrens nur in dem (Ausnahme-)Fall verlangen könne, wenn sich der Arbeitgeber zur Durchführung dieses Verfahrens im Wege einer Selbstbindung verpflichtet habe; für die Annahme einer solchen Selbstbindung müssten allerdings besondere Anhaltspunkte gegeben sein (BAG vom 16. März 2010 – 3 AZR 31/09). Weiter könne ein Anspruch auf Durchführung eines derartigen Verfahrens ausnahmsweise in Betracht kommen, wenn ein für den Arbeitnehmer nachteiliges Zusammenwirken zwischen den Betriebsparteien vorläge, was vorliegend nicht der Fall war (vgl. hierzu u. a. die vorgenannte BAG-Entscheidung). Im Fall eines schwerbehinderten Menschen verpflichte der in § 81 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch verankerte Beschäftigungsanspruch für diese Arbeitnehmergruppe den Arbeitgeber, das gerichtliche Zustimmungsersetzungsverfahren durchzuführen, wenn er erkennt, dass die geltend gemachten Zustimmungsverweigerungsgründe tatsächlich nicht vorliegen (BAG vom 3. Dezember 2002 – 9 AZR 481/01). Eine Schwerbehinderung lag hier jedoch auch nicht vor.   Nach Auffassung des BAG ergibt sich ein solcher Anspruch des Arbeitnehmers auch nicht generell aus der arbeitsvertraglichen Rücksichtnahmepflicht: Denn diese verlange vom Arbeitgeber nicht, eigene schutzwürdige Belange hinten anzustellen, also beispielsweise einen Rechtsstreit führen zu müssen. Der Arbeitnehmer sei nicht schutzlos gestellt, da für die Dauer der Nichtbeschäftigung ein sogenannter Annahmeverzugslohn geschuldet werde und der Arbeitgeber im Rahmen seiner vertraglichen Verpflichtungen dennoch gehalten sein kann, dem Arbeitnehmer eine andere Tätigkeit zuzuweisen.

     

    Praxistipp

     

    Nach Ansicht des BAG haben Arbeitnehmer nur im Ausnahmefall einen Anspruch auf Durchführung eines gerichtlichen Zustimmungsersetzungsverfahrens, wenn der Betriebsrat die Zustimmung zu einer personellen Maßnahme (Versetzung, Einstellung etc.) verweigert. Wichtig für die Praxis dürfte der Fall sein, dass der Arbeitnehmer einen derartigen Durchführungsanspruch hat, wenn es sich um einen schwerbehinderten Arbeitnehmer handelt. Selbst wenn ein Anspruch auf Durchführung nicht besteht, empfiehlt es sich für einen Arbeitgeber, der ein Zustimmungsersetzungsverfahren nicht führen will, sein Weisungsrecht – wenn rechtlich möglich – erneut auszuüben, um nicht Annahmeverzugslohn zahlen zu müssen, ohne eine entsprechende Arbeitsleistung des Arbeitsnehmers zu erhalten.

     

    Wenn Sie Fragen zu diesem Thema haben, wenden Sie sich bitte an Frau Dr. Sarah Reinhardt-Kasperek.