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    15.12.2015

    Grunderwerbsteuerliche Vergünstigung bei konzerninternen Umstrukturierungen


     

     

    Vorbehaltensfrist bei einer Spaltung zur Neugründung

     

     

     

    FG Düsseldorf, Urteil vom 4. November 2015, 7 K 1553/15 GE, NRWE

     

    Das FG Düsseldorf hat im Rahmen seines Urteils vom 4. November 2015 zu einer Auslegungsfrage der Konzernklausel des § 6a GrEStG entschieden und heizt damit die Diskussion über die Vorbehaltens- und Nachbehaltensfristen an. Ein entsprechender Beitrag zur Rechtsfortbildung durch den Bundesfinanzhof wäre begrüßenswert.

     

    Das FG Düsseldorf entschied in seinem o. g. Urteil, ob eine im Rahmen einer konzerninternen Umstrukturierung neugegründete Gesellschaft die Vorbehaltensfrist des § 6a S. 3 u. 4 GrEStG erfüllen kann.

     

     

     

    Hintergrund

     

    Die Grunderwerbsteuer wird nach § 6a S. 1 u. 3 GrEStG nicht erhoben, wenn an bestimmten steuerbaren Rechtsvorgängen ausschließlich ein herrschendes Unternehmen und ein oder mehrere von diesem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften oder mehrere von einem herrschenden Unternehmen abhängige Gesellschaften beteiligt sind.

     

    Eine Gesellschaft ist abhängig, wenn an ihrem Kapital oder Gesellschaftsvermögen das herrschende Unternehmen innerhalb von fünf Jahren vor dem Rechtsvorgang ("Vorbehaltensfrist)" und fünf Jahren nach dem Rechtsvorgang ("Nachbehaltensfrist") unmittelbar und/oder mittelbar zu mindestens 95 Prozent ununterbrochen beteiligt ist, § 6a S. 4 GrEStG.

     

    Zur Anwendung von § 6a GrEStG haben die Obersten Finanzbehörden der Länder mit einem Gleichlautenden Erlass am 19. Juni 2012 (BStBl. I 2012, S. 662) Stellung genommen. In diesem Zusammenhang bestehen insbesondere auch bei der Auslegung der Vorbehaltensfristen im Fall von Umwandlungen zur Neugründung Unsicherheiten.

     

     

     

    Entscheidungssachverhalt (vereinfacht)

     

    Die operativ tätige A AG hält seit mehr als fünf Jahren sämtliche Anteile der A GmbH. Die A GmbH war in der Ausgangsstruktur alleinige Gesellschafterin der B GmbH. Die B GmbH hält 100 Prozent der Anteile an der C GmbH. Im Eigentum der B GmbH und C GmbH befinden sich jeweils Grundstücke. Die Ausgangsstruktur stellt sich wie folgt dar:

     

    Gemäß dem Spaltungsplan erfolgte die Abspaltung des gesamten Geschäftsanteils der A GmbH an der B GmbH auf die dadurch neugegründete NewCo ("Abspaltung zur Neugründung"). Die Transaktion und die Zielstruktur stellen sich wie folgt dar:

     

    NewCo zeigte die nach § 1 Abs. 3 GrStG steuerbare Abspaltung beim zuständigen Finanzamt an und beantragte die Anwendung der Steuervergünstigung bei Umstrukturierungen im Konzern nach § 6a GrEStG. Dieser Auffassung folgte das Finanzamt nicht, da die Gesellschaft erst durch die Abspaltung gegründet worden sei und somit nicht die fünfjährige Vorbehaltensfrist erfülle. Der Einspruch blieb erfolglos.

     

     

     

    Entscheidung des FG Düsseldorf

     

    Das FG Düsseldorf folgt in seiner Entscheidung vom 4. November 2015 dem zuständigen Finanzamt nicht und hat der Klage von NewCo stattgeben. Die Revision ist zugelassen.

     

    Die Übertragung der Anteile sei gemäß § 1 Abs. 3 GrEStG steuerbar, aber gemäß § 6a GrEStG begünstigt. Zwar sei die Vorbehaltsfrist von fünf Jahren gemäß § 6a Sätze 3 und 4 GrEStG für NewCo nicht erfüllt. Jedoch sei die Regelung unter der Beachtung des Gesetzeszweckes im Fall einer Umwandlung durch Neugründung einschränkend auszulegen. Die Norm soll missbräuchliche Gestaltungen vermeiden. Ein solcher Missbrauch sei bei einem reinen konzerninternen Vorgang ausgeschlossen. Daher sei die Steuervergünstigung bei Umstrukturierungen im Konzern nicht allein deshalb zu versagen, wenn das beherrschte Unternehmen neugegründet wurde und das beherrschende Unternehmen seine Beteiligung noch keine fünf Jahre gehalten hat. Insofern sei dem übernehmenden Rechtsträger die Zeit der Vermögenszugehörigkeit beim übertragenden Rechtsträger zuzurechnen.

     

     

     

    Konsequenzen für die Praxis

     

    Die Entscheidung des FG Düsseldorf zugunsten der Steuerpflichtigen ist zu begrüßen. Die Revision ist nach § 115 Abs. 2 FGO zur Fortbildung des Rechts zugelassen, sodass möglicherweise der BFH die Diskussion über die Auslegung des § 6a Sätze 3 und 4 GrEStG im Rahmen der Rechtsfortbildung vorantreiben wird.

     

    Zunächst sollten Unternehmensgruppen in entsprechenden Umstrukturierungskonstellationen durch eine verbindliche Auskunft vorab klären, ob das für die neuzugründende Gesellschaft zuständige Finanzamt die Grundsätze des dargestellten Urteils anwendet. Tz. 4 des Gleichlautenden Erlass am 19. Juni 2012 (BStBl. I 2012, S. 662) ist in diesem Punkt nicht zwingend eindeutig.

     

    Ist dies nicht der Fall und ist ein anderes Vorgehen im konkreten Sachverhalt nicht möglich, sollten sich die Steuerpflichtigen im Rahmen des Rechtsbehelfsverfahrens auf die Grundsätze der dargestellten Entscheidung beziehen. In Abhängigkeit vom konkreten Sachverhalt und einem weiteren Rechtsweg in der dargestellten Rechtssache sollten Steuerpflichtige eine vorläufige Steuerfestsetzung oder ein Ruhen des Verfahrens anstreben.

     

    Bei Fragen zum Thema kontaktieren Sie bitte: Florian Teichert