Beschluss der Finanzministerkonferenz vom 21. Juni 2018
Bereits im September 2016 hatte die Finanzministerkonferenz beschlossen, Eckpunkte für eine Reform der Regelungen des Grunderwerbsteuergesetzes in Bezug auf Konstellationen mit Anteilserwerb statt Immobilienerwerb (Share Deals) zu entwerfen, da die gegenwärtigen Regelungen als ungerecht empfunden wurden (siehe Tax Newsletter Januar 2017). Nach langer Beratung wurden nun schließlich Eckpunkte für ein Reformgesetz formuliert.
In seiner Sitzung vom 21. Juni 2018 ist die Finanzministerkonferenz nun dem Beschlussvorschlag der Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Hessen gefolgt und hat sich auf einen Katalog von Änderungsmaßnahmen festgelegt, die auch unabhängig von Share Deal-Konstellationen das Grunderwerbsteueraufkommen erhöhen sollen. Die zum Share Deal beschlossenen Maßnahmen bleiben insgesamt hinter dem zurück, was zwischenzeitlich erwartet bzw. befürchtet wurde. Die Empfehlungen der Finanzministerkonferenz sind nun in einen entsprechenden Gesetzesvorschlag zu gießen, um dessen Entwurf das BMF gebeten wurde.
Die Eckpunkte, welche der vom BMF zu erstellende Gesetzesvorschlag umsetzen soll, sind wie folgt:
Durch den Ergänzungstatbestand soll insbesondere die Attraktivität von Share Deals unter Beteiligung von grundbesitzenden Kapitalgesellschaften eingedämmt werden; nach geltendem Recht können hier – anders als bei grundbesitzenden Personengesellschaften – 100 Prozent der Anteile ohne Anfall von Grunderwerbsteuer verkauft bzw. übertragen werden, wenn die Erwerber unverbunden sind und keiner mehr als 94,99 Prozent der Anteile erwirbt. Dies wird es, wenn die Eckpunkte Gesetz werden, künftig nicht mehr geben. Inwieweit spezifische Befreiungsvorschriften, die derzeit für Fälle des Erwerbs von Anteilen an Personengesellschaften gelten, auch auf den neuen Ergänzungstatbestand Anwendung finden können, ist derzeit unklar – ggf. finden sie keine Anwendung.
Durch die generelle Herabsenkung der schädlichen Beteiligungshöhe von 95 Prozent auf 90 Prozent für Personen- sowie Kapitalgesellschaften und durch die Verlängerung der relevanten Haltefrist auf zehn Jahre (sowie die entsprechende Anpassung in § 1 Abs. 2a und wohl auch der Nachbehaltensfrist in den §§ 5 und 6 GrEStG) wird es deutlich unattraktiver, Altgesellschafter zum Zwecke der Grunderwerbsteuer-Ersparnis in der Gesellschaft zu belassen.
Durch die Verlängerung der Vorbehaltensfrist in § 6 GrEStG von derzeit fünf auf 15 Jahre wird es erschwert, Immobilien aus dem Vermögen einer Gesamthand auf deren Gesellschafter (oder auf eine andere Gesellschaft) zu übertragen.
Im Übrigen wurde der Finanzminister um Ausarbeitung von Regelbeispielen gebeten, „um Umgehungsgestaltungen mit Stiftungen und Stimmrechtsvereinbarungen wirksam zu begegnen“. Die Einführung einer Verzinsung von Grunderwerbsteuerforderungen des Fiskus wurde von der „Klärung der Auswirkungen einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts“ abhängig gemacht (s. hierzu den Artikel von Teresa Werner zur Verfassungsmäßigkeit des Zinssatzes für Nachzahlungszinsen).
Eine Beschlussfassung der Finanzministerkonferenz zur Herabsenkung der relevanten Beteiligungsschwellen sowie die Verlängerung der Fristen war erwartet worden. Erstere blieb nun in ihrem Umfang hinter dem ursprünglich diskutierten Schwellenwert (75 Prozent) zurück, weil die gutachterliche Untersuchung insoweit verfassungsrechtliche Bedenken ergeben hatte.
Die vorstehend beschriebenen Eckpunkte werden gleichwohl die Übertragung von Anteilen an grundbesitzenden Gesellschaften erheblich erschweren. Dies gilt insbesondere, soweit nun auch in Beteiligungsstrukturen mit grundbesitzenden Kapitalgesellschaften ggf. börsennotiert mittelbare Anteilseignerwechsel relevant und über den relevanten Betrachtungszeitraum von künftig wohl zehn Jahren zu addieren wären.
Da das grundlegende Argument für die Notwendigkeit der Reform die Ungerechtigkeit der gegenwärtigen Situation zulasten des (kleinen) Steuerbürgers war (der für den Erwerb seiner Privatimmobilie trotz steigender Preise stets Grunderwerbsteuer zahlen muss, während dies von großen Investoren beim Share Deal eben vermieden werden kann), kam im Zuge des Reformvorhabens zwischenzeitlich die Forderung nach einem Grunderwerbsteuerfreibetrag auf, der natürlichen Personen einmal im Leben für den privaten Immobilienerwerb zur Verfügung stehen sollte. Diesen wird es nun wohl aber nicht geben (hierzu hatten die Bundesländer Nordrhein-Westfalen und Schleswig-Holstein noch im September 2017 entsprechende Anträge in den Bundesrat eingebracht; ein entsprechender Antrag der FDP-Bundestagsfraktion vom Finanzausschuss des Bundestages wurde jedoch im Juli 2018 abgelehnt).
Stattdessen hat die Finanzministerkonferenz die Gelegenheit genutzt, Maßnahmen vorzuschlagen, welche zu einer Erhöhung des Grunderwerbsteueraufkommens führen werden (Aufhebung der Begrenzung von Verspätungszuschlägen, Vorschlag für die Einführung einer Verzinsung). Unter dem Strich führt die Reform somit voraussichtlich für niemanden zu einer Entlastung, sondern zu Steuermehreinnahmen für die Länder.
Das Finanzministerium wird sicherlich nicht ohne Weiteres aus den Eckpunkten der Finanzministerkonferenz einen praktikablen und verfassungsfesten Gesetzesentwurf erarbeiten können. Offen bleibt auch die spannende Frage, welcher Stichtag für die Anwendung der neuen Vorschriften – die bislang nur abstrakt skizziert sind, aber nicht in Form eines Gesetzesentwurfes vorliegen – letztlich gelten wird.
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