Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) hat am 17. Dezember 2014 sein Urteil zum Erbschaft- und Schenkungsteuergesetz (ErbStG) verkündet. Anlass der Entscheidung war ein Beschluss des Bundesfinanzhofs (BFH) aus dem Jahr 2012, worin das Gericht die Frage der Verfassungsmäßigkeit des ErbStG dem BVerfG zur Entscheidung vorlegte. Der BFH vertrat die Ansicht, dass die steuerlichen Vergünstigungen beim Erwerb von Betriebsvermögen den allgemeinen Gleichheitssatz des Artikels3 Absatz1 GG verletzten, was zu einer gleichheitswidrigen Fehlbesteuerung führe, die das ganze ErbStG verfassungswidrig mache.
Das BVerfG hat das ErbStG nicht in Gänze für verfassungswidrig erklärt, sondern nur bestimmte Einzelregelungen als gleichheitswidrig angesehen und dem Gesetzgeber aufgegeben, diese bis zum 30. Juni 2016 zu ändern. Bis dahin gelten die bestehenden Regelungen fort. Beanstandet hat das Gericht die Privilegierung der Übertragung von großen betrieblichen Vermögen ohne eine Bedürfnisprüfung. In dieser sei festzustellen, dass die Verschonung zum Schutz des Unternehmens und der damit verbundenen Arbeitsplätze nötig ist. Ferner moniert das BVerfG die Freistellung von Betrieben mit bis zu 20 Beschäftigten von der Lohnsummenprüfung sowie die starre 50-Prozent-Grenze beim Verwaltungsvermögen, bei deren Überschreiten die Begünstigung des an sich förderungswürdigen unternehmerischen Vermögens entfällt.
Die Entscheidung dürfte in der Immobilienbranche gemischte Gefühle hervorrufen. Denn einerseits hat das BVerfG zwar nicht beanstandet, dass fremdvermieteter Wohnungsgrundbesitz als Produktivvermögen weiterhin von der Erbschaftsteuer ausgenommen ist, wenn die Wohnungen zum Betriebsvermögen einer Personengesellschaft oder Vermögen einer Kapitalgesellschaft gehören und die Vermietung in gewerblichem Umfang erfolgt (Letzteres wird angenommen, wenn das Unternehmen mehr als 300 Wohnungen hält). Andererseits hat das Gericht aber indirekt die insofern bestehende Benachteiligung der Gewerbeimmobilienunternehmen bestätigt.
Zu beachten ist, dass das BVerfG im zukünftigen Recht für die Verschonung von Großunternehmen jeglicher Branche zusätzlich eine individuelle Bedürfnisprüfung verlangt. Zur Größenbestimmung weist das Gericht auf die Einstufung der Europäischen Union hin, wonach Unternehmen mit mindestens 250 Arbeitnehmern und einem Jahresumsatz von mehr als 50 Millionen Euro oder einer Jahresbilanzsumme von mehr als 43 Millionen Euro als Großunternehmen gelten. Es ist gut möglich, dass diese Grenze Eingang ins Gesetz finden wird.
Genau zu beobachten ist auch, welche Lösung an die Stelle der starren Begrenzung des Verwaltungsvermögensanteils tritt. Setzt der Gesetzgeber – den Urteilsgründen strikt folgend – auf eine anteilige Begrenzung des Ausschlusses von der steuerlichen Begünstigung, kann dies für Gewerbeimmobilienunternehmen, die über größere Wohnungsbestände verfügen, vorteilhaft sein. Dafür könnten sich aber zugleich Nachteile für bisher voll verschonte Wohnungsunternehmen ergeben, die auch Gewerbeimmobilien halten.
Das Gesetzgebungsverfahren ist also genau zu verfolgen. Bundesfinanzminister Schäuble erklärte, nur das Nötigste ändern zu wollen. Diejenigen, die eine Verschlechterung durch das künftige Recht befürchten, sollten zügig handeln (wichtig: Rückforderungsrechte für den Fall der Änderung des ErbStG vereinbaren!). Zwar darf der Gesetzgeber zum 17. Dezember 2014 rückwirkende Regelungen treffen, dies aber nur, um einer "exzessiven Ausnutzung" der verfassungswidrigen Bestimmungen die Anerkennung zu versagen.