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    10.06.2018

    Gesellschaftsrecht: Die perfekte Vorbereitung auf die Due Diligence im eigenen Haus


    Ein Investor wird vor einer Beteiligung an einer Gesellschaft, diese regelmäßig auf „Herz und Nieren" prüfen. Dies geschieht im Rahmen einer Due Diligence durch Prüfung der zugrundeliegenden Dokumentation und in Gesprächen mit den Gesellschaftern und Geschäftsführern.

     

    Der Investor möchte sich bei dieser Due Diligence ein Bild von der Zielgesellschaft und den Gründern bzw. Geschäftsführern machen, insbesondere ob diese in der Lage sind, ein Unternehmen zu führen. Dazu gehört auch die Fähigkeit und Bereitschaft, einen aussagekräftigen und ansprechenden marktüblichen Datenraum „auf die Beine" zu stellen. Erkenntnisse aus der Due Diligence (sog. findings) haben dann in der Regel einen Einfluss auf den Gesellschafter- und Beteiligungsvertrag sowie die diesbezüglichen Verhandlungen.

     

    Umfang und Tiefe der Due Diligence schwanken oft, insbesondere in Abhängigkeit von der Höhe des Investments, den vorhandenen Kenntnissen des Investors über die Zielgesellschaft sowie dem Geschäftsmodell. Üblicherweise führen Investoren eine Technical, Commercial, Legal, Financial und Tax Due Diligence durch. Vereinfacht gesagt, wird der Investor genau das prüfen, was ausschlaggebend für sein Investment in die Gesellschaft ist.

     

    Im Rahmen der Legal Due Diligence wird der Investor regelmäßig zumindest die Gesellschafterstellung und die Inhaberschaft der wesentlichen Assets und Verträge der Gesellschaft prüfen, oftmals sind dies IP-Rechte. Es können aber auch Verträge mit Kunden wichtig sein, insbesondere wenn diese für die Gesellschaft von Bedeutung sind oder aber Verträge mit den Angestellten bzw. Gründergeschäftsführern, wenn sich wichtiges (nicht schutzfähiges) Know-how in deren Köpfen befindet. Generell gilt es grundsätzlich zu berücksichtigen, dass die „Brille" des Investors die entscheidende ist und nicht die des Gründers.

     

    Allgemein ist festzuhalten, dass es Investoren bevorzugen, nicht nur auf der gesellschaftsrechtlichen, sondern auch auf der vertraglichen Ebene auf keine großen Überraschungen zu stoßen. Solche könnten z. B. komplexe Gesellschaftervereinbarungen, Verpfändungen von Assets oder eine unzureichende oder gänzlich fehlende Dokumentation geschäftswesentlicher Informationen sein.

     

    Manchmal stellt der Investor auch den Gesellschaftern eine Übersicht zur Verfügung, aus der sich die Dokumente ergeben, die er im Rahmen der Due Diligence prüfen möchte (sog. document request list). Wir empfehlen hier einen proaktiven Ansatz und stellen solche Listen gerne und unverbindlich auch im Vorfeld eines konkreten Projekts zur Verfügung.

     

    Vorbereitung der Due Diligence

     

    Dokumentation

     

    Der Investor wird die Ergebnisse aus der Due Diligence i.d.R. im Rahmen von Garantien im Beteiligungsvertrag einfordern. Daher empfehlen wir, sich einer etwaigen eigenen Schwäche bewusst zu sein und diese proaktiv anzugehen. Nichts ist schädlicher, als wenn etwaige Fehler oder Mängel im Nachgang auftauchen und dann Berater bemüht werden müssen, um dessen Folgen zu bewerten und zu beheben.

     

    Folgender Ratschlag unsererseits: Etwaige Probleme, wie z. B. ein Rechtsstreit wegen einer Marke oder mit einem Arbeitnehmer sollte dem Investor offengelegt werden – dies schafft einerseits Vertrauen, da der Investor den Rechtsstreit nicht erst im Datenraum „selbst finden" muss und andererseits hat eine solche Offenlegung (sog. disclosure) zur Folge, dass der Investor nach Unterzeichnung des Beteiligungsvertrages hinsichtlich der offengelegten Umstände keine Ansprüche mehr gegen die Gründer bzw. Gesellschafter ableiten kann.

     

    Eine Selbstverständlichkeit sollte sein, dass jede Gesellschaft die eigene Buchführung und die abgeschlossenen Verträge ordnungsgemäß führt und Kopien fertigt. Gleiches gilt für notarielle Urkunden, Gesellschafterbeschlüsse und Korrespondenz mit Behörden. Wir empfehlen, dies ernst zu nehmen, da oftmals bei einer Due Diligence die zugehörige Dokumentation unvollständig ist und so das Unternehmen und die Gründer in Erklärungsnot kommen bzw. Zeit durch das Aufsuchen der fehlenden Unterlagen vergeuden. Ebenso hinterlässt eine chaotische Dokumentation keinen guten Eindruck bei dem Investor und kann den Wunsch sich am Unternehmen zu beteiligen, negativ beeinflussen.

     

    Wir beobachten bei nahezu allen Start-ups, dass diese sich erst dann mit dem Thema Due Diligence und Aufbereitung der Dokumentation beschäftigen, wenn sich ein Investor konkret für eine Beteiligung interessiert. Dieses menschliche Phänomen, sich erst um Sachen zu kümmern, wenn sie akut werden, ist vermutlich jedem bekannt. Stichwort: Erstellung der Steuererklärung. Wer kennt es nicht, dass jedes Jahr aufs Neue, hektisch Rechnungen und Nachweise gesucht werden. Und jedes Jahr nimmt man sich vor: "Im nächsten Jahr wird alles anders…".

     

    Der potentielle Einstieg eines Investors ist ein denkbar schlechter Zeitraum, um sich auf die Suche nach Dokumenten zu begeben und die lange geplante Umsetzung des Dokumentenmanagementsystems anzugehen. Es lohnt sich diesen Prozess fortlaufend zu gestalten, insbesondere vor dem Hintergrund, dass sich das Management während einer Due Diligence mit hoher Priorität ebenso um das tägliche Geschäft der Gesellschaft kümmern muss.

     

    Wir helfen, auf Grundlage unserer Erfahrung, gerne bei der Anordnung der Dokumente im Datenraum bzw. im täglichen Geschäftsalltag zur Vorbereitung einer späteren Due Diligence.

     

    Datenraum

     

    Der Investor wird regelmäßig daran interessiert sein, bestimmte Dokumente auch seinen Beratern (Rechtsanwälten, Steuerberatern und Wirtschaftsprüfern) zu zeigen. Daher werden diese Dokumente oftmals in einen elektronischen Datenraum eingestellt. Anbieter dazu gibt es einige, die Prominentesten sind Intralinks, Merrill und Drooms. Daneben und oftmals deutlich kostengünstiger werden simple Cloud-Lösungen oder eine Dropbox genutzt. Die Wahl des Datenraumanbieters steht und fällt mit der Menge der Dokumente, die eingestellt werden. Wichtig sind daneben auch die Kosten des Datenraumanbieters und das Thema „Sicherheit", wobei wir beobachten, dass alle Anbieter das letztere Thema sehr ernst nehmen und auf ein hohes Niveau gebracht haben.

     

    Sollte ein Datenraum genutzt werden, stellt sich die Frage nach dessen Bestückung. Hier empfiehlt sich oftmals eine Unterteilung in die Blöcke „Recht", „Steuern" und „Financial" nebst weiteren Unterordnern. Für den Bereich „Recht" wird oftmals gegliedert nach „Gesellschaftsrecht", „Verträge", „IP", „Arbeitsrecht", „Versicherungen", „Rechtsstreitigkeiten", "Compliance" und „Sonstiges". Der genaue Aufbau und das Format (i.d.R. pdf oder jpeg) sollte mit dem eigenen Berater oder direkt mit dem Investor besprochen werden. Sollte dieser eine document request list übermitteln, kann sich der Aufbau des Datenraums an dieser orientieren.

     

    Es empfiehlt sich im Interesse des Start-ups den Datenraum sorgsam zu bestücken, um gegenüber dem Investor den driverseat während der Transaktion innezuhaben. Das Start-up wird nicht vom Investor getrieben, den Datenraum nach dessen Wünschen zu bestücken. Bei einem gut sortierten Datenraum wird sich der Investor oftmals auf wenige punktuelle Nachfragen beschränken können.

     

    Vertraulichkeit

     

    In jedem Fall empfiehlt es sich, einem Investor sensible Daten nur dann zur Verfügung zu stellen, wenn dieser eine Vertraulichkeitsvereinbarung unterzeichnet hat (sog. Non-Disclosure Agreement oder kurz NDA).

     

    Damit sind nicht nur die Übermittlung von schriftlichen Informationen, sondern auch von mündlichen Informationen gemeint, wie z. B. Geschäfts- und/oder Betriebsgeheimnisse.

     

    Ein Verstoß gegen das NDA kann an eine Vertragsstrafe geknüpft werden, wobei dies ein scharfes Schwert ist. Eine Vertragsstrafe bedeutet, dass das Start-up nicht mehr einen konkreten Schaden aufgrund der Verletzung der Vertraulichkeit beweisen muss, weil dieser pauschaliert angenommen wird. Bei einem Verstoß, wobei dieser vom Gründer bewiesen werden muss, muss der Investor einen Betrag als pauschalierten Schadenersatz leisten. Oftmals wird vereinbart, dass die Geldendmachung eines weiteren Schadens vorbehalten bleibt. Die Gründer sollten aber im Auge behalten, dass sie mit der Forderung nach einer Vertragsstrafe den Investor verprellen könnten. Durch diese Forderung erwecken sie den Eindruck, dem Investor ein Stückweit zu misstrauen.

     

    Wichtig ist ferner, dass, trotz bestehendem NDA, nicht alle nicht öffentlichen Informationen mit dem Investor geteilt werden. Für das Unternehmen elementare Informationen sollten nur in geschwärzter Form in den Datenraum eingestellt werden (z. B. Rezepturen oder Codes im Bereich Software). Gleiches gilt für sensible Daten von Arbeitnehmern, die nicht gleichzeitig Gründer sind – hier kann mit anonymisierten oder geschwärzten Unterlagen oder mit einem beschränkten Zugang zum Datenraum gearbeitet werden. Der Schutz der Rechte der Arbeitnehmer beruht auf restriktiven Datenschutzvorgaben, die es ernst zu nehmen gilt. Die seit dem 25. Mai 2018 geltende neue Datenschutzgrundverordnung hat zusätzliche Aufmerksamkeit auf das Thema Datenschutz gelegt (s. Beitrag zur Datenschutzgrundverordnung im letzten Newsletter aus Februar).

     

    Fazit

     

    Die vorstehenden Punkte sind allesamt gute Gründe, um gleich heute die Gesellschaft für eine potentielle Due Diligence vorzubereiten. Oder vielleicht doch erst morgen? Oder übermorgen…? Denken Sie dabei einfach, an die Steuererklärung, die überraschenderweise jedes Jahr aufs Neue ansteht…

     

    Dr. Markus Ley

    (Rechtsanwalt)