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    04.10.2018

    Freiwillige Grippeschutzimpfung im Betrieb – Arbeitgeberhaftung


    Der nächste Winter und die nächste Grippewelle kommen bestimmt. Grippeschutzimpfungen sind voll im Trend. Ich bin kein Mediziner und kann nicht beurteilen, ob bzw. für welche Personengruppe eine Grippeschutzimpfung sinnvoll ist. Als Arbeitsrechtler kann ich jedoch beurteilen, dass (freiwillige) Grippeschutzimpfungen „am Arbeitsplatz“ zunehmen. Der Arbeitgeber bietet für seine Mitarbeiter in der Regel während der Arbeitszeit in den Räumlichkeiten des Arbeitgebers durch einen beauftragten Arzt für interessierte Mitarbeiter zum Teil mit Voranmeldung freiwillige Grippeschutzimpfungen an. Die Kosten trägt in der Regel der Arbeitgeber. Wer haftet bei Schäden?

     

    Liebe Leserin, lieber Leser,

    der Arbeitgeber hat ein großes Interesse daran, dass Grippewellen nicht seine Mitarbeiter erreichen und seinen Betrieb lahmlegen. Die Kosten für eine freiwillige Grippeschutzimpfung im Betrieb (Arbeitszeit der zu impfenden Mitarbeiter, Kosten des Arztes, Kosten für Spritzen und Impfstoff) sind deutlich geringer als eine Grippewelle mit vielen Betroffenen und unzähligen Krankheitstagen, an denen nicht gearbeitet wird.

     

    Grundsätze der Gesundheitsvorsorge

     

    Den Arbeitgeber trifft eine Fürsorgepflicht gegenüber den Arbeitnehmern. Der Arbeitgeber muss alles tun bzw. unterlassen, um Schäden von den Arbeitnehmern fernzuhalten. Eine Grippeschutzimpfung gehört hierzu jedoch nicht. Die allgemeine Gesundheitsvorsorge, wie regelmäßige Zahnarzttermine, regelmäßige Impfungen, Krebsvorsorge oder Gesundheitschecks sind grundsätzlich Privatsache eines jeden Arbeitnehmers. Es gibt hierzu Ausnahmen, soweit das Arbeitsverhältnis besonders risikogeneigt ist und für den Arbeitnehmer eine erhöhte Gefahr besteht. Deshalb kenne ich auch Grippeschutzimpfungen im Betrieb nur in freiwilliger Form, an der Mitarbeiter teilnehmen können oder eben nicht.

     

    Haftung bei Impfschaden – BAG vom 21.12.2017 (8 AZR 853/16)

     

    Das BAG hatte über einen Impfschaden einer Mitarbeiterin nach einer freiwilligen Grippe-schutzimpfung im Betrieb zu entscheiden. Die Mitarbeiterin hatte aufgrund der Impfung im Betrieb starke Schmerzen mit einer andauernden und erheblichen Bewegungseinschränkung der Halswirbelsäule erlitten. Sie konnte keiner Erwerbstätigkeit mehr nachgehen und verlangte vom Arbeitgeber Schmerzensgeld und machte sonstige materielle und immaterielle Schadensersatzansprüche geltend.

     

    Wenn der Arbeitgeber dieses Risiko der Schadensersatzansprüche tragen müsste, würde der wirtschaftliche Sinn einer freiwilligen betrieblichen Grippeschutzimpfung möglicherweise auf den Kopf gestellt werden. Das Risiko und der Schaden einer solchen Grippeschutzimpfung könnten dann höher sein, als eine Grippewelle im Betrieb.

     

    Keine Arbeitgeberhaftung bei freiwilliger Grippeschutzimpfung

     

    Das BAG lehnte Schadensersatzansprüche aufgrund der Grippeschutzimpfung der geschädigten Mitarbeiterin gegenüber dem Arbeitgeber ab. Der Arbeitgeber habe mit der Mitarbeiterin keinen Behandlungsvertrag abgeschlossen und damit keine Pflichten aus einem Behandlungsvertrag noch aus dem bestehenden Arbeitsvertrag verletzt. Der Arbeitgeber schulde bei einer solchen freiwilligen Grippeschutzimpfung allein die ordnungsgemäße Auswahl der die Impfung durchführenden Person. Es besteht jedoch keine Pflicht des Arbeitgebers, die ordnungsgemäße Aufklärung durch den behandelnden Arzt sicherzustellen oder diesen bei der Ausführung der Impfung zu überwachen. Dies ist auch bei der Vielzahl der Arbeitgeber, die nicht im medizinischen Bereich tätig sind, nicht möglich.

     

    Dieses Urteil des BAG wird sicherlich dazu führen, dass die Anzahl der Betriebe, die eine freiwillige Grippeschutzimpfung anbieten, nicht zurückgehen wird.

     

    Wenn Sie Fragen zu diesem Thema haben, kontaktieren Sie gerne Dr. Erik Schmid.

     

    Hinweis: Dieser Blog-Beitrag ist bereits im arbeitsrechtlichen Blog von Dr. Erik Schmid im HJR-Verlag erschienen.