Europäischer Gerichtshof (EuGH) vom 28. Februar 2018 – C 46/17
Ist die Beendigung des Arbeitsvertrages mit Erreichen des Renteneintrittsalters vorgesehen, so können Arbeitgeber und Arbeitnehmer den tatsächlichen Beendigungszeitpunkt des Arbeitsverhältnisses – ggf. auch mehrfach – hinausschieben. § 41 Satz 3 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) ist europarechtskonform.
Die Parteien hatten das ursprünglich auf den Renteneintritt vorgesehene Ende ihres Arbeitsverhältnisses bereits einmal hinausgeschoben und dies auf § 41 Satz 3 SGB VI gestützt. Nach dieser Vorschrift können die Arbeitsvertragsparteien unter bestimmten Voraussetzungen den Beendigungszeitpunkt im Zusammenhang mit dem Erreichen des Renteneintrittsalters hinausschieben. Der Arbeitnehmer, ein Lehrer, hatte Interesse daran, das Ende seines Arbeitsverhältnisses ein weiteres Mal hinauszuschieben, was der Arbeitgeber jedoch ablehnte. Nun stellte sich der Arbeitnehmer auf den Standpunkt, dass die o.g. Vorschrift europarechtswidrig sei, somit schon das erste Hinausschieben des Beendigungszeitpunkts unwirksam gewesen wäre und der Lehrer damit in einem unbefristeten Arbeitsverhältnis stehe.
Das Landesarbeitsgericht Bremen hielt die genannte Vorschrift des SGB VI – in Übereinstimmung mit gewichtigen Stimmen in der Literatur – für europarechtswidrig und hat den EuGH zur Entscheidung dieser Frage angerufen. Die Luxemburger Richter aber folgten dieser Einschätzung nicht, sondern haben der deutschen Vorschrift die Übereinstimmung mit den europäischen Rechtsgrundlagen attestiert. Weder liege eine Diskriminierung wegen des Alters vor (denn der rentennahe Arbeitnehmer erfahre ja gar keinen Nachteil durch die Verlängerung seines Arbeitsverhältnisses) noch sei aufgrund dieser Vorschrift ein Befristungsmissbrauch zu befürchten.
Mit dieser Entscheidung steht die Europarechtskonformität von § 41 Satz 3 SGB VI fest. In der Praxis wurde die Regelung bisher ausgesprochen zurückhaltend angewendet und sie führte damit trotz des in Zeiten des Fachkräftemangels bestehenden erheblichen Bedarfs der Weiterbeschäftigung älterer Arbeitnehmer ein Schattendasein.Nun kann die mit dieser Vorschrift bereitgestellte Option uneingeschränkt empfohlen werden, ohne die Sorge haben zu müssen, dass das Arbeitsverhältnis unbegrenzt fortzuführen ist.
Die Vorschrift erlaubt keine „freie Befristung“ bei Erreichen des Regelrentenalters – die erforderlichen Tatbestandsvoraussetzungen müssen vorliegen: Das Arbeitsverhältnis muss (durch Arbeits- oder Tarifvertrag) auf das Erreichen des Regelrenteneintrittsalters befristet sein und der Arbeitnehmer muss Anspruch auf ungekürzte Altersrente haben. Die Vereinbarung muss noch während des laufenden Arbeitsverhältnisses abgeschlossen werden und dessen nahtlose Fortführung erreichen. Ferner ist jedenfalls anzuraten, die übrigen Inhalte des Arbeitsvertrages (Tätigkeit, Vergütung etc.) unangetastet zu lassen. Denn Vertragsänderungen, die zusammen mit einer Befristungsverlängerung vereinbart werden, führen in den „üblichen“ Befristungsfällen zum Entstehen eines unbefristeten Arbeitsverhältnisses. Hier sollte kein unnötiges Risiko durch Veränderungen der Vertragsbedingungen im Übrigen eingegangen werden.
Wenn Sie Fragen zu diesem Thema haben, kontaktieren Sie gerne Dr. Gerald Peter Müller und Dr. Thomas Barthel.