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    10.06.2015

    Erleichterte Voraussetzungen für die befristete Weiterbeschäftigung von Rentnern?


    Bundesarbeitsgericht vom 11. Februar 2015 – 7 AZR 17/13 Sachverhalt:

     

    Nach Erreichen des Renteneintrittsalters vereinbarte das Unternehmen mit dem Arbeitnehmer die befristete Fortsetzung des Arbeitsverhältnisses. Zunächst sollte es mit Ablauf des 31. Dezember 2010 enden. Dieses Enddatum wurde jedoch zweimal hinausgeschoben. Die letzte Verlängerungsabrede enthielt als Beendigungstermin den 31. Dezember 2011 sowie den Zusatz, dass der Arbeitnehmer eine noch einzustellende Ersatzkraft einarbeiten solle. Er klagte im Rahmen einer sogenannten Entfristungsklage gegen die Wirksamkeit der Befristung.

     

    Die Entscheidung:

     

    Das BAG machte deutlich, dass der Bezug der gesetzlichen Altersrente allein die Befristung nicht rechtfertigt und keinen in der Person des Arbeitnehmers liegenden Grund im Sinne des § 14 Abs. 1 Satz 2 Nr. 6 des Teilzeit und Befristungsge­setzes (TzBfG) darstellt. Erforderlich sei im konkreten Fall, dass die Befristung zusätzlich einer konkreten Nachwuchsplanung der Arbeitgeberin diene. Hierzu bedürfe es weiterer tatsächlicher Feststellungen, sodass das BAG den Rechtsstreit an das Landesarbeitsgericht zurückverwies.

     

    Konsequenzen für die Praxis:

     

    In Zeiten des Fachkräftemangels steht die Praxis häufig vor der Frage, wie Know-how von Arbeit­nehmern, die in Rente gehen, noch für eine Übergangszeit gesichert werden kann. Verlockend ist hierbei der Abschluss eines befristeten Arbeitsvertrags, um der Sorge zu begegnen, der rüstige Rentner könne womöglich noch länger an der Fortsetzung der Beschäftigung ein Interesse haben, als dies seitens des Arbeit­gebers der Fall ist.

     

    Das BAG zeigt erneut auf, dass auch Rentner dem umfassenden Schutz des Befristungsrechts unterfallen, sofern sie unmittelbar vor Abschluss des befristeten Arbeitsvertrags bereits beim Arbeitgeber beschäftigt waren. Vor diesem Hintergrund ist genau zu prüfen, ob – eine rein kalendermäßige Befristung ist aufgrund der Vorbeschäftigung ausgeschlossen – ein sachlicher Grund gemäß § 14 Abs. 1 Satz 2 TzBfG die Befristung rechtfertigt. Dieser kann sich nach dem BAG auch aus der Einarbeitung einer Nachwuchskraft im Rahmen einer konkreten Nachwuchsplanung ergeben.

     

    Dem vom BAG zu bewertenden Sachverhalt lag noch die Rechtslage vor dem mit Wirkung ab dem 1. Juli 2014 eingeführten § 41 Satz 3 des Sechsten Buches Sozialgesetzbuch (SGB VI) zugrunde, der viele Arbeitgeber zunächst hoffen ließ. Nach dem Wortlaut können die Arbeitsvertragsparteien für den Fall des Vorliegens einer Vereinbarung über die Beendigung des Arbeitsverhältnisses mit dem Erreichen der Regelaltersgrenze durch Vereinbarung während des Arbeitsverhältnisses den Beendigungszeitpunkt ggf. auch mehrfach hinauszuschieben. Allerdings ist darauf hinzuweisen, dass die Sorgen trotz dieser Regelung nicht beseitigt sind. Nach einhelliger Auffassung in der juristischen Fachliteratur ist die Konformität des § 41 Satz 3 SGB VI mit dem Europarecht – konkret dem Verbot der Altersdiskriminierung sowie der Befristungsrichtlinie – aufgrund der unbegrenzten Möglichkeit zur befristeten Verlängerung sehr zweifelhaft.

     

    Praxistipp:

     

    Trotz § 41 Satz 3 SGB VI und der vom BAG grundsätzlich anerkannten Möglichkeit einer Befristung eines Arbeitnehmers nach Renteneintritt gilt es, sorgfältig zu prüfen, ob ein Sachgrund dafür besteht. § 41 Satz 3 SGB VI unterliegt erheblichen Wirksamkeitszweifeln. An das Vorliegen eines Sachgrunds für die Befristung sind vorbehaltlich anderslautender Ausführungen in der vollständig abgefassten Entscheidung des BAG vermutlich hohe Anforderungen zu stellen, um Missbrauch vorzubeugen. Der schlichte Verweis auf eine Nachwuchsplanung, so wie es die bislang vorliegende Pressemitteilung andeutet, reicht jedenfalls nicht.

     

    Bei Fragen zu diesem Thema kontaktieren Sie bitte: Dr. Thomas Barthel, Roman Parafianowicz