Die Regelaltersgrenze wird schrittweise vom 65. auf das 67. Lebensjahr angehoben (§ 235 SGB VI). Dennoch nimmt die Beschäftigung von Rentnern kontinuierlich zu. Dies hat viele Gründe: Arbeitnehmer arbeiten immer weniger körperlich und sind im Rentenalter gesundheitlich durchaus in der Lage, weiterhin Arbeitsleistung zu erbringen. Ein anderer Grund kann die sogenannte „Altersarmut“ sein. Einige Rentner sind gezwungen, sich zur Rente etwas hinzuzuverdienen. Auch aus Sicht des Arbeitgebers wird verstärkt auf Rentner zurückgegriffen. Rentner verfügen aufgrund ihres langjährigen Berufslebens über viel Erfahrung und können beispielsweise offene Positionen aufgrund des Fachkräftemangels besetzen.
Liebe Leserin, lieber Leser,
ich bekomme immer mehr Anfragen von Mandanten, die ihre Arbeitnehmer über das Renteneintrittsalter hinaus weiterbeschäftigen oder Rentner neu einstellen möchten. Es gibt aber einige Punkte, auf die arbeitsrechtlich zu achten sind.
Aus arbeitsrechtlicher Sicht macht es zunächst keinen Unterschied, ob ein Arbeitsvertrag mit einem Rentner oder mit einem „Nicht-Rentner“ abgeschlossen wird. Es gelten die gleichen Regelungen und Schutzrechte. Besonderheiten bestehen bei der Beschäftigung von Rentnern jedoch hinsichtlich der Gestaltung des Arbeitsvertrags. In der Regel wird mit Rentnern kein unbefristeter Arbeitsvertrag abgeschlossen, da dieser nicht wie üblich mit dem Eintritt in die Rente sondern durch Tod enden würde. Es gibt folgende Gestaltungsmöglichkeiten:
(Unbefristete) Arbeitsverhältnisse enden regelmäßig mit Erreichen der Regelaltersgrenze, wenn dies in Arbeitsverträgen vereinbart ist. Ein zwischen Arbeitnehmer und Arbeitgeber bestehendes Arbeitsverhältnis kann jedoch über den Renteneintritt hinaus verlängert werden. Wie der Europäische Gerichtshof im Urteil vom 28. Februar 2018 (C-46/17) entschieden hat, kann das Arbeitsverhältnis, das an sich mit Erreichen der Regelaltersgrenze endet, in zulässiger Weise die Beendigung des Arbeitsverhältnisses gemäß § 41 Satz 3 SGB VI hinausschieben. Der EuGH stellte dabei fest, dass auch das mehrfache Hinausschieben der Beendigung des Arbeitsverhältnisses aufgrund des Erreichens der Regelaltersgrenze zulässig ist, wenn ein Rechtsmissbrauch ausgeschlossen ist. Nach dem Urteil des EuGH muss es für diese Verlängerungsmöglichkeiten jedoch bei unveränderten Arbeitsverhältnissen bleiben. Das ist ein Nachteil, da in der Praxis oftmals eine Reduzierung der Arbeitszeit gewünscht, nach der Rechtsprechung des EuGH aber nicht möglich ist.
Es ist dringend davon abzuraten, Arbeitnehmer nach Erreichen der Altersgrenze ohne schriftliche Vereinbarung weiter arbeiten zu lassen. Die Altersgrenze ist auch eine Befristung, die – wie bei anderen Befristungen auch – bei Weiterarbeit ohne sonstige Regelung über den Befristungszeitpunkt hinaus unverzüglich in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis mündet.
Ein Rentner-Arbeitsverhältnis kann sachgrundlos befristet werden. Voraussetzung ist - nach derzeitiger Rechtslage – dass der Rentner zuvor, und damit ist jemals zuvor gemeint, nicht bei diesem Arbeitgeber beschäftigt war, die sachgrundlose Befristung maximal zwei Jahre dauert und in diesem Zeitraum höchstens drei Mal verlängert wird. Die sachgrundlose Befristung ist wie alle Befristungen vor Beginn des Arbeitsverhältnisses schriftlich zu vereinbaren. Damit ist das Instrument der sachgrundlosen Befristung für den häufigen Fall in der Praxis nicht geeignet, dass ein Arbeitnehmer beim Arbeitgeber für eine bestimmte Zeit auch nach dem Renteneintritt weiterbeschäftigt wird.
Für ältere Arbeitnehmer existiert die Ausnahmeregelung des § 14 Abs. 3 TzBfG. Danach können Arbeitsverhältnisse für maximal fünf Jahre ohne sachlichen Grund befristet werden, wenn der Arbeitnehmer im Zeitpunkt des Abschlusses des Arbeitsverhältnisses das 52. Lebensjahr vollendet hat und mindestens vier Monate beschäftigungslos war. § 14 Abs. 3 TzBfG betrifft jedoch nicht den typischen Fall einer Rentner-Beschäftigung, sondern greift allenfalls bei Frührentnern. Rentner sind regelmäßig zwar älter als 52 Jahre. Regelmäßig wird bei Rentnern aber die weitere Voraussetzung der vier monatigen Beschäftigungslosigkeit nicht vorliegen, da Rentner dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen, was jedoch Voraussetzung für die Beschäftigungslosigkeit ist.
Die Befristung eines Rentner-Arbeitsverhältnisses kann auf alle Sachgrundbefristungen gemäß § 14 Abs. 1 TzBfG gestützt werde. Bei der Befristung mit Sachgrund kommt es auch nicht darauf an, ob zuvor ein Arbeitsverhältnis bestand oder nicht. Insbesondere kann bei der Beschäftigung eines Rentners der Sachgrund der Vertretung eines anderen Mitarbeiters, z.B. während einer längeren Krankheit oder während der Elternzeit (§ 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 3 TzBfG) in Betracht kommen. Ein Sachgrund läge auch vor, wenn die Befristung auf einem gerichtlichen Vergleich beruht (§ 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 8 TzBfG) oder wenn es dem Wunsch des Rentners entspricht und er keinen unbefristeten Arbeitsvertrag akzeptieren würde (§ 14 Abs. 1 S. 2 Nr. 6 TzBfG). Ein Sachgrund, der auf den Fall einer Rentner-Beschäftigung ausdrücklich vorsieht, existiert jedoch nicht.
Unabhängig von einem Arbeitsverhältnis könnte der Rentner auch im Rahmen eines freien Mitarbeiterverhältnisses beschäftigt werden. Hierbei ist darauf zu achten, dass kein Arbeitsverhältnis „gelebt“ wird und keine „Scheinselbständigkeit“ vorliegt.
Wenn Sie Fragen zu diesem Thema haben, wenden Sie sich gerne an Dr. Erik Schmid.
Hinweis: Dieser Blogbeitrag ist bereits im arbeitsrechtlichen Blog von Dr. Erik Schmid im HJR-Verlag erschienen.