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    03.07.2018

    Brückenteilzeit: Teilzeit hin und wieder zurück


    Im Koalitionsvertrag waren erhebliche Veränderungen des Teilzeit- und Befristungsrechts vereinbart. Unter anderem soll es danach ein Recht auf die sog. Brückenteilzeit geben. Mitte Juni 2018 hat das Bundeskabinett den Entwurf eines Gesetzes zur Einführung dieser Brückenteilzeit beschlossen.

     

    Liebe Leserin, lieber Leser,

    die Brückenteilzeit ist – kurz und unjuristisch gesagt – nichts anderes als ein Recht hin zur Teilzeit und wieder zurück zur Vollzeit bzw. zur ursprünglichen längeren Arbeitszeit. Sie soll den Arbeitnehmern ermöglichen, die regelmäßige Arbeitszeit über einen längeren, aber dennoch befristeten Zeitraum auf ihre individuelle Lebensphase anzupassen. Beispielsweise für die Erziehung der Kinder, für die Pflege Angehöriger, für die Berücksichtigung gesundheitlicher Einschränkungen, zur Verwirklichung eines zeitaufwändigen Hobbies oder auch ohne besonderen Grund. Wie werden die Regelungen rund um die Teilzeit ab dem 01. Januar 2019 aussehen?

     

    „Normale“ Teilzeit wie bisher

     

    Die „normale“ Teilzeit bedeutet, dass der Arbeitnehmer unter bestimmten Voraussetzungen ein Anspruch hat, seine Arbeitszeit (z. B. Vollzeit) dauerhaft zu verringern. Diese mit erheblichen Folgen auch hinsichtlich der dann nur noch anteiligen Vergütung verbundene Entscheidung muss gut überlegt werden, da es ein Rückkehrrecht auf Vollzeit bisher nicht gibt. Eine dauerhafte Verringerung der Arbeitszeit kommt entweder einvernehmlich zwischen Arbeitge-ber und Arbeitnehmer zu Stande oder der Arbeitnehmer kann die Verringerung der Arbeitszeit verlangen, wenn

     

    • eine längere Betriebszugehörigkeit des Arbeitnehmers als 6 Monate besteht,
    • der Arbeitnehmer die Verringerung seiner Arbeitszeit und den Umfang der Verringerung spätestens drei Monate vor dem Beginn der Verringerung geltend macht,
    • keine betrieblichen Gründe (z. B. Organisation, Arbeitsablauf, Sicherheit im Betrieb) gegen die Verringerung der Arbeitszeit vorliegen und
    • der Arbeitgeber in der Regel mehr als 15 Arbeitnehmer beschäftigt.

     

    Verlängerung der Arbeitszeit

     

    Für teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer gibt es bereits nach der derzeit geltenden Rechtslage eine Regelung auf Verlängerung der individuellen Arbeitszeit. In der Praxis wurde hiervon nach meiner Erfahrung nur sehr zurückhaltend Gebrauch gemacht. Der Arbeitgeber hat den teilzeitbeschäftigten Arbeitnehmer bei der Besetzung eines freien Arbeitsplatzes mit entsprechend längerer Arbeitszeit bevorzugt zu berücksichtigen, wenn

     

    • der teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer den Wunsch nach einer Verlängerung der Arbeitszeit anzeigt,
    • ein freier Arbeitsplatz besteht,
    • der teilzeitbeschäftigte Arbeitnehmer gleich geeignet ist und
    • keine dringenden betrieblichen Gründe oder Arbeitszeitwünsche anderer teilzeitbe-schäftigter Arbeitnehmer entgegenstehen.

     

    Auch die Verlängerung der Arbeitszeit soll geändert und für den Arbeitnehmer einfacher durchzusetzbar werden. Es soll mit einer Beweislastumkehr zukünftig der Arbeitgeber darlegen und nachweisen müssen, dass die genannten vier Voraussetzungen nicht bestehen. Es ist davon auszugehen, dass der Arbeitgeber dies in vielen Fällen nicht kann und damit ein Anspruch des Arbeitnehmers auf Verlängerung der Arbeitszeit besteht.

     

    Brückenteilzeit

     

    Neben dem Recht auf dauerhafte Verringerung und dauerhafte Verlängerung der Arbeitszeit ist die Brückenteilzeit ein Anspruch auf befristete Verringerung der Arbeitszeit. Das System ist bereits aus der Teilzeit während der Elternzeit bekannt. Danach lebt das Arbeitsverhältnis mit dem vor der Elternzeit vereinbarten Umfang der Arbeitszeit automatisch wieder auf.

     

    Nach den Eckpunkten der Brückenteilzeit besteht ein Anspruch des in Voll- aber auch des in Teilzeit beschäftigten Arbeitnehmers, wenn

     

    • der Zeitraum der befristeten Teilzeit ein Jahr nicht unter- und fünf Jahre nicht überschreitet,
    • der Antrag seit der Beendigung der letzten Brückenteilzeit des Arbeitnehmers bzw. seit der Ablehnung eines Antrags auf Brückenteilzeit erst nach Ablauf eines Jahres gestellt wird und
    • wenn in Unternehmen mit 45 bis 200 Arbeitnehmern im Zeitpunkt des geplanten Beginns der Verringerung der Arbeitszeit bereits einer von 15 Arbeitnehmern im Rahmen von Brückenteilzeit arbeitet (bei 100 Arbeitnehmern wären das 7 Arbeitnehmer in Brückenteilzeit) oder
    • wenn der Arbeitgeber in Unternehmen mit mehr als 200 Arbeitnehmern betriebliche Gründe, die gegen die Brückenteilzeit sprechen nicht nachweisen kann.

     

    In Unternehmen mit weniger als 45 Arbeitnehmern besteht hingegen kein Anspruch auf Brückenteilzeit.

     

    So schön und flexibel die Änderungen des Teilzeit- und Befristungsgesetzes für die Arbeit-nehmer sind, umso mehr Verwaltungs- und Organisationsaufwand wird der Arbeitgeber damit haben.

     

    Wenn Sie Fragen zu diesem Thema haben, kontaktieren Sie gerne an Dr. Erik Schmid.

     

    Hinweis: Dieser Blogbeitrag ist bereits im arbeitsrechtlichen Blog von Dr. Erik Schmid im HJR-Verlag erschienen.